Wände haben Ohren …

… und die Wände im Cortiletto haben viel erlebt. Die ca. 60 cm dicken und bis zu 300-jährigen Steinmauern wurden ursprünglich mit Kalk verputzt und danach immer wieder übermalt. Diese Farbschichten erzählen von dekorativen Moden, Feuchtigkeits- und Russproblemen, aber auch von der Entwicklung von Farbprodukten. Als wir anfingen, an der Oberfläche der Wände zu kratzen, entdeckten wir die ursprünglichen Farbschichten aus Kalk, die teils mehr, teils weniger dekoriert waren. In unzähligen Stunden und mit vielen helfenden Händen legten wir Wände frei, so dass heute die Lebendigkeit der alten Kalkanstriche wieder zur Geltung kommt.

Die restlichen Wände wurden neu mit Sumpfkalk verputzt. Dabei konnten wir vom enormen Wissen von Willy Jossen profitieren, der auch sämtliche Gipserarbeiten im Innern ausführte. Zum Abtönen wurde feinster “Küchensand” benutzt, der durch das Sieben des Aushubmaterials des Küchenbodens übrig blieb. Feiner Glimmer und die Farben des Melezzasandes geben den Wänden den ortsspezifischen Farbton. Im Obergeschoss hingegen wurde selbsthergestelltes Pigment aus verkohltem Holz der Weinrebe zur Tongebung eingesetzt. Das Rebschwarz Pigment ist ein klassisches blaugraues Pigment der Freskomalerei. In der Küche waren die Wände russgetränkt. Eine erste Sperrschicht aus Sumpfkalk gemischt mit Kuhdung sorgt dafür, dass dieser Russ nicht mehr an die Oberfläche kommen kann. Die Kalkwände sorgen für ein ausgesprochen gesundes Raumklima. Sie regulieren die Feuchtigkeit und wirken antibakteriell.

Die Fassade war mit einer kunststoffversetzten Farbe übermalt. Beim Abschleifen kamen weisse Bordüren um den Fenstern und Türen zum Vorschein, die typisch für die Gegend sind. Was für ein Geschenk! Die Umrandungen wurden erst mit Kalkputz mit weissem Marmormehl nachgezeichnet, dann, in einem zweiten Arbeitsgang, mit purem Sumpfkalk gespachtelt, um den charakteristischen Glanz zu erhalten.